Die Geschichte des Fliegerhorstes
Langenlebarn von
1936 bis 2000
Kurzversion aus der
Dissertation von Herrn Dr.Mag. Hubert Prigl.
Anmerkung:
Das Hakenkreuz ist ein
Symbol dieser Epoche und dient der historischen Korrektheit.
Teil IV
Die
Sondierungsmission der drei Westalliierten
Die
Sondierungsmission der drei Westalliierten im Raum Wien im Juni 1945
Nachdem Anfang Mai
1945 die Fronten in Österreich zum Stehen gekommen waren, war der
gesamte Ostteil Österreichs von den Soldaten der Roten Armee besetzt
worden. Die drei Westalliierten, deren Besatzungszonen in West- und
Südösterreich lagen, bestanden auf eine baldige Übernahme ihrer
Besatzungszonen in Wien. Am 18. Mai 1945 wurden die Regierungen der
Westmächte vom sowjetischen Parteichef Josef Stalin aufgefordert,
möglichst bald Missionen nach Wien zu entsenden.
Nach Rücksprache
mit ihren Regierungen stellten die drei westlichen Alliierten ihre
Missionen zusammen. Die Leiter der Delegationen waren:
- General Lester Flory für die Vereinigten
Staaten
- Brigadier John Winterton für
Großbritannien
- General Paul Cherrier für Frankreich
Die
Delegationen setzten sich von Italien auf dem Landweg in Richtung
Österreich in Marsch. Von der Sowjetunion wurde eine maximale
Missionsstärke von etwa 60 Mann gewünscht. Nach der Zusammenstellung der
Missionen der drei Westalliierten stellte sich aber heraus, dass diese
insgesamt aus 186 Mann bestand. Trotz der fast dreimal so großen Anzahl
an Soldaten machte die Sowjetunion keine Schwierigkeiten bei der
Einreise in das sowjetisch besetzte Gebiet. Am 3. Juni überschritten bei
Judenburg die westlichen Missionen welche selbst Lebensmittel für 186
Mann mitgenommen hatten, die britisch/sowjetische Waffenstillstandslinie
und erreichten am 4. Juni Wien. Die sowjetischen Militärbehörden wiesen
die westlichen Soldaten in beschlagnahmte Privatgebäude ein. Die
Sowjetunion wollte die Missionsdauer bis zum 10. Juni begrenzen, doch
protestierten die Westalliierten dagegen.
In Bezug auf die
Flugplätze stellte sich die Situation für die Westalliierten so dar:
Zu
Kriegsende waren alle Flugplätze im Raum Wien von der Roten Armee
besetzt worden, deshalb forderten die westlichen Alliierten die
Sowjetunion auf, ihnen einige Flugplätze zur Versorgung ihrer
Besatzungszonen in Wien zu übergeben. Bei den Verhandlungen zwischen
Marschall Tolbuchin für die Sowjetunion auf der einen Seite, und den
Vertretern der Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich auf
der anderen Seite, ging es auch um die Aufteilung der Flugplätze im Raum
Wien. Die Vertreter der Sowjetunion hatten zu Beginn der Verhandlungen
mit den drei Westalliierten den Vorschlag vom 21. April 1945 wiederholt
und nur den Fliegerhorst Langenlebarn bei Tulln zur Besichtigung und zur
späteren gemeinsamen Nutzung angeboten. Für die westlichen Alliierten
war dies aber unannehmbar. Die Vertreter der drei Westalliierten
forderten von der Sowjetunion die Genehmigung, alle Flugplätze im Raum
Wien zu besichtigen. Die Sowjetunion weigerte sich aber einer
Besichtigung der Flugplätze nördlich der Donau zuzustimmen. Begründet
wurde diese Weigerung damit, dass diese Flugplätze in den Befehlsbereich
von Marschall Malinovskij fielen, und ein Betreten dieses Bereiches nur
von der Regierungen ausgehandelt werden könnte.
Am 6. Juni 1945
fand um 12 Uhr 30 im amerikanischem Hauptquartier der „Vienna Mission“
die 5. Gesprächsrunde zwischen den 4 Alliierten statt. Inhalt dieses
Gespräches war die bevorstehende Besichtigung der Flugplätze durch die
drei Westalliierten. Neben den drei Westalliierten Delegationsleitern
nahmen bei dieser Besprechung auch die Luftwaffenexperten der
Delegationen teil.
An diesem Gespräch
nahmen für:
-
Amerika:
-
Brigadegeneral
Flory
-
Brigadegeneral Snavely
- Lt. Colonel Thayer
-
Großbritannien:
-
Generalmajor
Winterton
- Air Commodore Speight
- Major Theekriteff
-
Frankreich:
- Brigadegeneral Cherriere
- Captain deBeeque
- die
Sowjetunion:
- Generalleutnant
Merosev
-
Oberstleutnant
Mishenko
- Major Radalko
- Captain Kalinin
Der Leiter der
amerikanischen Verhandlungsdelegation, General Flory, bestand vorerst
auch auf einer Besichtigung der Flugplätze des gesamten Bereiches des
Gaues Großwien. Nach längeren Verhandlungen stimmten die drei
Westalliierten zu, nur die Flugplätze südlich der Donau zu besichtigen,
und auf die Tauglichkeit für eine Verwendung zu prüfen. Nach dieser
Einigung besuchten die westlichen Delegationen folgende Flugplätze
südlich der Donau:
- Tulln/Langenlebarn
-
Schwechat
-
Zwölfaxing
Die
Flugplätze Münchendorf, Ebergassing und Götzendorf wurden von den
Westalliierten nicht besichtigt, da die Ein-richtungen
dieser Flugplätze nicht für den Dienstbetrieb ge- |

Entsprechend dieser Bewertung entschieden sich die
Amerikaner endgültig für den Flugplatz Tulln/Langenlebarn
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eignet waren. Nach der Besichtigung der
genannten Flugplätze stimmte der Leiter der amerikanischen Delegation,
General Snavely*
dem Vorschlag zu, den Flugplatz Tulln/Langenlebarn zu übernehmen.
Während die
Amerikaner mit dem Flugplatz Tulln/Langenlebarn zufrieden waren,
forderten die Briten zusätzlich noch den Flugplatz Schwechat und die
Franzosen das Flugfeld Götzendorf zur Versorgung ihrer in Wien zu
stationierenden Truppenkontingente. Die Westalliierten bestanden auf die
Abfassung eines detaillierten schriftlichen Abkommens, das den freien
Zugang zu den außerhalb der Stadt liegenden Flugplätze regeln sollte.
Die drei westalliierten Delegationen beendeten ihre Besichtigung am 13.
Juni.
Im Anhang B „Air" des „Reports of the Vienna
Mission“ wurde unter Punkt 3 die Bewertung der besichtigten Flugplätze
vorgenommen.
* Der für die Fragen der
Flugplätze zuständige amerikanische General Snavely war am 2. Juni 1945
von Florenz aus aufgebrochen, um im Raum Wien die Eignung der
vorhandenen Flugplätze zu überprüfen. Im Gegensatz zu seinen britischen
und französischen Kollegen verfügte General Snavely über umfangreiche
Luftbildbestände und eine detaillierte Beschreibung des Fliegerhorstes.
Nach der Eroberung des Flugplatzgeländes am 7. April 1945 waren
sowjetische Soldaten in den wenigen unbeschädigt gebliebenen Gebäuden
des Fliegerhorstes Langenlebarn eingezogen.
Die Unterzeichnung der Abkommen zur Aufteilung der Besatzungszonen und
der
Flugplätze am 4. und 9. Juli 1945
Nach der
Rückkehr des westlichen Verhandlungsteams berieten die Westalliierten
die sowjetischen Vorschläge noch einmal. Am 19. Juni erreichten sie
Einigkeit über die weitere Vorgangsweise. Am 4. Juli wurde das
Kontrollabkommen und am 9. Juli das Zonenabkommen unterzeichnet.
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Luftbild der Tulln Airbase |
Das
Verhandlungsergebnis sah folgendermaßen aus:
Die Sowjetunion behielt die meisten
Flugplätze
- Der ehemalige Werksflugplatz der
Heinkel-Werke in Schwechat wurde Großbritannien und Frankreich zur gemeinsamen
Nutzung übergeben.
Den Briten und Franzosen wurde ein Straßenkorridor
von Schwechat, der in ihre jeweiligen Besatzungszonen führte, zugeteilt.
- Die USA erhielt den Fliegerhorst
Tulln-Langenlebarn und dazu einen genau festgelegten Straßenkorridor von Langenlebarn nach Wien
zugeteilt.
Die Festlegung
der Luft - und Straßenkorridore
Am Montag den 9.
Juli 1945 fand eine Besprechung des European Advisery Council (EAC)
statt. Die Verhandlungsdelegationen einigten sich auf die endgültige
Aufteilung der Flugplätze im Raum Wien.
Das Abkommen
über die Besatzungszonen und die Verwaltung der Stadt Wien vom 9. Juli
1945 stand unter Punkt
5:
„Der
Flughafen von Tulln mit allen vorhandenen Einrichtungen und Anlagen wird
unter die Verwaltungs- und Militärkontrolle der Streitkräfte der
Vereinigten Staaten von Amerika gestellt. Der Flugplatz von Schwechat
mit allen vorhandenen Ein88richtungen und Anlagen wird unter
Verwaltungs- und Militärkontrolle des Vereinigten Königreiches
gestellt, in Hinblick auf seine gemeinsame Benutzung durch die
britischen und französischen Streitkräfte. Die Streitkräfte und die
Funktionäre der Besatzungsmächte haben freien
Zutritt zu den Flugplätzen, die sie jeweils
besetzen und benützen sollen.“
Am 24. und 25.
Juli 1945 fand eine weitere Besprechung der Stabschefs, der
Oberkommandierenden der Alliierten Truppen in Österreich , in Wien
statt. In Paragraph 5 des Zonenabkommens wurde eine genaue Festlegung
der Luftkorridore, der Zufahrtswege und der Bahnverbindungen geregelt.
In diesem Abkommen wurde festgelegt:
„Die Luftstraße, die den westlichen Alliierten zugewiesen
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Plan der
Flugplätze im Raum Wien |
wurde, verläuft von
Linz nach Wien. Nördliche Grenze des Luftkorridors war der Verlauf der
Donau. Im Süden, wo keine natürliche Geländemarkierung vorhanden war,
musste eine gedachte Linie geschaffen werden. Die südliche Grenze der
Luftstraße verlief entlang der Linie Linz - Steyer - Scheibbs - St.
Pölten - Wien.“
Das Abkommen
enthielt auch spezielle Bestimmungen für den US-Luftwaffenstützpunkt
Tulln/ Langenlebarn, welche die Zufahrt und Abfahrt vom Flugplatz nach
und von Wien regelten. Die Sowjetunion hatte den Amerikanern folgenden
Straßenkorridor von der amerikanischen Zone
in Oberösterreich nach Wien angeboten:
„Zonengrenze
an der Enns nach St. Pölten über Micheldorf und Tulln nach Langenlebarn.
Vom Flugplatz über die Straße über die Dopplerhütte und den Exelberg
nach Wien.“
Nach einer
Besichtigung des vorgeschlagenen Straßenkorridors lehnten die Amerikaner
die Teilstrecke vom Flugplatz Langenlebarn nach Wien ab, da sie diese
Straße als nicht allwettertauglich einstuften.
Die endgültigen
Regelungen sahen wie folgt aus:
„Der
Straßenkorridor, der den Amerikanern vom Flugplatz Tulln/ Langenlebarn
nach Wien zugewiesen wurde, verlief auf der Straße entlang des
Fliegerhorstes nach St. Andrä Wördern über Klosterneuburg-Kirling nach
Nußdorf in die US-Zone in Wien.“
Straßenkorridor
vom US-Flugplatz Tulln/Langenlebarn in die US-Zone in Wien
Weiters
wurde festgelegt, dass amerikanische Soldaten des Flugplatzes
Tulln/Langenlebarn die Eisenbahnverbindung von Wien Franz Josephs
Bahnhof nach Langenlebarn benutzen durften.
Als Übergabetermin
der zwei Flugplätze an die drei Westalliierten wurde der 30. Juli 1945
festgelegt. Für Langenlebarn bedeutete dies, dass die Ortschaft
sowjetisch besetzt blieb, der Fliegerhorst aber amerikanisch wurde. Die
Amerikaner sollten neben dem Flugplatzgelände auch das Barackenlager und
das Areal des Florahofes erhalten.
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Den Rest des Ortsgebietes der Marktgemeinde Langenlebarn behielt die Sowjetunion.

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